Von der Reit­hal­tung zur Gei­stes­hal­tung – oder umgekehrt?

Hast du jemals dar­über nach­ge­dacht, wie deine men­tale Hal­tung deine kör­per­li­che Hal­tung beein­flusst, ins­be­son­dere in stres­si­gen oder her­aus­for­dern­den Situa­tio­nen? Ob du rei­test oder nicht, diese kurze Geschichte zeigt, was die rich­tige Gei­stes­hal­tung bewir­ken kann. 

Man sagt, Pferde könn­ten Gedan­ken lesen. Nun, nicht ganz. Auch wenn wir Men­schen manch­mal anneh­men, die Gedan­ken­gänge des Gegen­übers zu erken­nen. Wir emp­fan­gen etwas, worin Pferde noch viel bes­ser sind. Sie lesen unsere Emo­tio­nen noch viel sen­si­ti­ver als unsere Gedan­ken. Und etwas scheint Pferde dabei unge­mein zu stö­ren, näm­lich wenn wir Men­schen dabei zu viel den­ken. Oder noch schlim­mer: uns beim Den­ken ärgern.

Kannst du die­sen Gedan­ken folgen?

Wir sit­zen auf einem klapp­ri­gen Cam­ping­stuhl, die starke Kaff­e­brühe in der Email-Tasse schon län­ger lau­warm. «Du Dani, kann man mit Hyp­nose auch die Hal­tung beim Rei­ten kor­ri­gie­ren?» – «Hmmm, weisst du, was du machen musst, damit die Hal­tung stimmt?» – «Hmm, ja, schon, ziem­lich…» – «Du weisst also, was du tun müss­test, es gelingt dir aber nicht?» – «Ja, ziem­lich genau!» – «Wann hast du mal eine oder zwei Stun­den Zeit?»

Drei Wochen spä­ter im Reitstall

Myriam strie­gelt und sat­telt Sav­an­nah, ihre 5‑jährige Stute. Ich beob­achte. Habe schon das eine oder andere Pferd gestrei­chelt, mich mit Rüebli oder Kek­sen beliebt gemacht. Gerit­ten, in einem ech­ten Sat­tel, auf einem ech­ten Pferd, bin ich aber noch nie. So viel Ahnung habe ich von Pfer­den. Was Myriam errei­chen will, hat sie mir grob skiz­ziert. Sie will ihre Hal­tung auf dem Pferd ver­bes­sern, vor allem in der Dres­sur, vor allem in schwie­ri­gen Situa­tio­nen. Oder umge­kehrt: die sub­op­ti­male Hal­tung sorgt für schwie­rige Situa­tio­nen. Ein Wech­sel­spiel, auch klei­ner Teu­fels­kreis genannt.

Sav­an­nah steht parat. Aber erst beginnt die Arbeit mit der Rei­te­rin. Zuerst lasse ich mir beschrei­ben, was pas­siert, wenn etwas falsch läuft, was mög­li­che Stra­te­gien sind, um wie­der raus­zu­kom­men, was funk­tio­niert hat, was nicht, was funk­tio­nie­ren könnte. Dann haben wir genug gedacht.

Vom Kopf in den Sattel

Dann schlies­sen wir die Augen für einen Moment. Myriam kann sich fokus­sie­ren, sehr gut sogar. Wir spie­len Situa­tio­nen durch, las­sen Bil­der auf­tau­chen und ver­schwin­den, stei­gen in Gedan­ken in den Sat­tel, las­sen uns lei­ten und spü­ren, was es braucht. Alles, um in die rich­tige Hal­tung zu kom­men, nicht nur im Kopf. Dar­aus extra­hie­ren wir die Essenz. Spie­len damit und las­sen es einwirken.

Ein paar Minu­ten sind ver­gan­gen. Ein Anruf “in Abwe­sen­heit”. Eine Toch­ter, die lie­ber ohne Kopf­hö­rer Filmli schaut und laut­hals rekla­miert. Myriam kann sich sehr gut fokussieren.

Mit einem fri­schen Gedan­ken, einem Bild und viel­leicht etwas mehr holt sie Sav­an­nah aus der Box, steigt in den Sat­tel. Sie rei­tet an, dreht ein paar Run­den, ein paar Rou­ti­nen, Teile des Dres­sur­pro­gram­mes. Sie unter­bricht, hält inne, rei­tet wie­der los und scheint zufrie­den. So lasse ich die bei­den auf dem Platz ihre Run­den dre­hen und trotte selbst gemüt­lich zurück ins Reiterstübli.

Und es funktioniert

Wäh­rend ich die neben­her gemach­ten Fotos durch­gehe und den inzwi­schen längst lau­war­men Deli­zio-Kaf­fee geniesse, kom­men die bei­den ange­trabt und stop­pen plötz­lich in mei­nem Sicht­feld. Ein Win­ken, ein fröh­li­ches Gesicht und ein “Dau­men hoch”. Myriam zieht wei­ter. Da scheint etwas funk­tio­niert zu haben.

Ich für mei­nen Teil habe wie­der ein­mal etwas ganz wich­ti­ges bestä­tigt erhal­ten. Ich habe immer noch weni­ger als einen klit­ze­klei­nen Schim­mer vom Rei­ten. Aber mehr brauch ich nicht. Ich bin ja schliess­lich “nur” Men­tal Coach.

Denn als Coach muss ich sel­ten ganz genau wis­sen, was im Kopf mei­ner Coa­chees abgeht. Ich weiss dafür, wie man den men­ta­len Steig­bü­gel rich­tig hält.

Aber was sagt die Rei­te­rin dazu?

Myriam, was ist passiert?

Als Hin­ter­grund: Ich reite schon ein Leben lang und seit Jah­ren auch Wett­kämpfe mit mei­nen Pfer­den. Meine Hal­tung im Sat­tel berei­tete mir immer mal wie­der Pro­bleme. Das zeigte sich dann sehr schnell darin, dass die Kom­mu­ni­ka­tion über die Zügel, ganz gene­rell, zum Pferd gestört ist. Schnell ist man ein wenig ver­krampft, im Kopf, ärgert sich. Das Pferd weiss dann nicht, wie reagie­ren, was ich von ihm will, ver­hält sich “falsch” und ich kriege noch mehr zu kämp­fen. Aus die­ser ver­zwick­ten Lage raus­zu­kom­men ist nicht ein­fach. Im Trai­ning kann man mal abstei­gen für ein paar Minu­ten, neu anset­zen, im Wett­kampf geht das natür­lich nicht.

Aber was ist pas­siert? Dani hat mich genau durch einen Pro­zess geführt, in dem ich meine Hal­tung auf dem Pferd in Gedan­ken visua­li­sierte und erleb­bar machen konnte. Dabei ist ein Bild auf­ge­taucht, das mir als Anker dient. So kann ich, wenn ich auf dem Pferd sitze ganz ein­fach die­ses Bild abru­fen und meine Hal­tung ver­än­dert sich wie von alleine, posi­tiv. Spä­ter konnte ich die­ses Bild selb­stän­dig noch ergän­zen und ein wenig optimieren.

Was hat sich ver­än­dert? Mit wel­cher Hal­tung rei­test du heute?

Es hat sich viel ver­än­dert. Ich bin dadurch sta­bi­ler gewor­den auf dem Pferd. Und was ich vor allem span­nend finde ist, dass ich mei­ner Hal­tung wie ein Stück mehr ver­traue. Ich bin sta­bi­ler gewor­den, weil ich daran glaube, dass ich das kann. Es klingt komisch, aber ich muss gar nicht mehr dar­über nach­den­ken und trotz­dem spüre ich, dass ich ein­fach eine sta­bi­lere Hal­tung habe. Ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich wahn­sin­nig viel gemacht aber trotz­dem fühlt es sich bes­ser an.

Und ganz wich­tig: Kann man mit Hyp­nose die Hal­tung bei Rei­ten korrigieren?

Ja, mei­ner Ansicht und Erfah­rung nach kann man das auf jeden Fall. Es braucht die­sen Fokus, die­ses innere Bild – oder etwas ähn­li­ches – und man muss dies dann auch nach aus­sen trans­por­tie­ren. Es braucht dann auch ein wenig Übung, ein wenig Bewusst­sein. Man muss es immer mal wie­der abru­fen und so lässt es sich auch noch stei­gern, es wird immer auto­ma­ti­scher, bis es dann irgend­wann ein­fach zur Grund­hal­tung wird, die man gar nicht mehr bewusst ein­neh­men muss. Auf die­sem Level bin ich noch nicht 100%, aber das braucht es viel­leicht auch nicht.

Die Arbeit mit Dani hat mir auf jeden Fall sehr viel gebracht. Ich bin über­zeugt, dass man noch mehr dar­aus machen, und ent­wickeln kann und freue mich auf jeden Fall, wei­ter daran zu arbeiten.

Danke Myri, dass ich dich dabei beglei­ten durfte und dass du deine Erfah­rung mit uns geteilt hast.