Bevor ich’s ver­gesse: Etwas über fal­sche Erinnerungen

Viel­leicht hat­test du auch schon ein­mal das Gefühl: deine Erin­ne­run­gen spie­len dir einen Streich. Ich darf dir sagen, dass es mehr als nur ein Gefühl ist. Auf Erin­ne­run­gen ist echt kein gros­ser Verlass.

Im Rah­men mei­ner Hypnose und Mental Coaching Aus­bil­dung habe ich mich ver­tieft mit dem Thema aus­ein­an­der­ge­setzt. Vor allem geht es mir dabei um den siche­ren und vor­sich­ti­gen Umgang mit bela­sten­den Erin­ne­run­gen. Es gibt eine ganze Reihe von Kon­zep­ten, die auf­zei­gen, wie wenig Ver­lass auf unsere Erin­ne­run­gen ist.

Alles nur kon­stru­ierte «Hirn­ge­spinn­ste»

Erin­ne­run­gen sind nicht wie Video­mit­schnitte, die genau so wie­der­ge­ge­ben wer­den kön­nen, wie sie pas­siert sind. Sie wer­den im Laufe der Zeit basie­rend auf aktu­ell ver­füg­ba­ren Infor­ma­tio­nen immer wie­der aufs neue kon­stru­iert und rekon­stru­iert und kön­nen sich dabei je nach­dem leicht bis stark verändern.

Erin­ne­rung sind leicht beeinflussbar

Ein Effekt in die­sem Bereich, unter ande­rem erforscht von Eliza­beth Lof­tus, zeigt, dass die Erin­ne­run­gen der Men­schen an ein Ereig­nis durch irre­füh­rende Infor­ma­tio­nen nach dem Ereig­nis ver­än­dert wer­den kön­nen. Zum Bei­spiel, wenn jemand nach einem Unfall gefragt wird «Wie schnell fuhr das Auto, als es in das andere Auto krachte?», könnte er oder sie den Unfall als schwer­wie­gen­der erin­nern, als er tat­säch­lich war. 

Ich hab mal irgendwo gele­sen, dass…

Manch­mal kön­nen Men­schen sich Infor­ma­tio­nen kor­rekt mer­ken, aber die Quelle die­ser Erin­ne­rung falsch zuord­nen (Quellenamnesie/Quellenfehlattribution). Es geht soweit, dass sie sogar glau­ben könn­ten, etwas selbst erlebt zu haben, obwohl sie nur davon gehört oder es im Fern­se­hen gese­hen haben. 

Ein­ge­pflanzte Erinnerungen

Einige Stu­dien haben gezeigt, dass es mög­lich ist, Men­schen voll­stän­dig fal­sche Erin­ne­run­gen zu implan­tie­ren, indem wie­der­holt und in ver­schie­dene Wei­sen sug­ge­riert wird, dass ein fik­ti­ves Ereig­nis statt­ge­fun­den habe. Mit der Zeit ent­wickeln einige Teil­neh­mer detail­lierte und leb­hafte Erin­ne­run­gen an diese kom­plett erfun­de­nen Ereignisse.

DRM-Para­digma

Eine Methode, um fal­sche Erin­ne­run­gen in einer kon­trol­lier­ten Umge­bung zu stu­die­ren. Teil­neh­mer bekom­men Listen von ver­wand­ten Wör­tern prä­sen­tiert (z.B. Bett, Ruhe, wach, müde, Traum, aber nicht «Schlaf»). Spä­ter erin­nern sie sich oft fälsch­li­cher­weise an das ver­wandte, aber nicht prä­sen­tierte Wort «Schlaf». Wir machen uns unse­rer Bil­der kom­plett, damit sie für uns in einem gewohn­ten Kon­text auch Sinn machen.

Blitz­licht-Erin­ne­run­gen

Diese sind leb­hafte und detail­lierte Erin­ne­run­gen an schockie­rende Ereig­nisse (wie die 9/11 Anschläge o.ä.). Obwohl sie sich extrem genau anfüh­len, hat die For­schung gezeigt, dass diese sich über die Zeit ändern und unge­nau wer­den können.

Fak­to­ren, die fal­sche Erin­ne­run­gen beeinflussen

  • Vor­schlag: Ein ein­fa­cher Vor­schlag, sug­ge­stive Fra­gen oder Hin­weise kön­nen die Wahr­schein­lich­keit einer fal­schen Erin­ne­rung erhöhen.
  • Grup­pen­zwang: Men­schen kön­nen ihre Erin­ne­run­gen an das anpas­sen, was andere sagen.
  • Alter: Sowohl sehr junge Kin­der als auch ältere Erwach­sene könn­ten anfäl­li­ger für fal­sche Erin­ne­run­gen sein.
  • Schlaf­man­gel: Ein Man­gel an Schlaf kann die Anfäl­lig­keit für fal­sche Erin­ne­run­gen erhöhen.
  • Stress und Trauma: Hoch­stres­sige oder trau­ma­ti­sche Ereig­nisse kön­nen sowohl das Risiko von Gedächt­nis­ver­zer­run­gen erhö­hen als auch Erin­ne­run­gen leb­haf­ter und blei­ben­der machen.

The­ra­peu­ti­sche Implikationen

Fal­sche Erin­ne­run­gen waren ein umstrit­te­nes Thema im Bereich der The­ra­pie, beson­ders in Bezug auf ver­drängte Erin­ne­run­gen. Men­schen berich­ten, wäh­rend der The­ra­pie­sit­zun­gen Erin­ne­run­gen an trau­ma­ti­sche Ereig­nisse wie­der­erlangt zu haben. Sol­che Rück­blicke oder Erin­ne­run­gen sind mit Vor­sicht zu betrach­ten, da die Grenze zwi­schen ech­ten Erin­ne­run­gen und erschaf­fe­nen ver­schwom­men sein kann.

Foren­si­sche Implikationen

Das Ver­ständ­nis fal­scher Erin­ne­run­gen ist im recht­li­chen Bereich von ent­schei­den­der Bedeu­tung, beson­ders in Bezug auf Zeu­gen­aus­sa­gen. Ein Zeuge kann abso­lut sicher in sei­ner Erin­ne­rung sein und trotz­dem falsch liegen.

Neu­ro­nale Grundlagen

For­schun­gen mit neu­ro­bild­ge­ben­den Ver­fah­ren wie fMRI haben gezeigt, dass echte und fal­sche Erin­ne­run­gen ähn­li­che Gehirn­re­gio­nen akti­vie­ren kön­nen. Sub­tile Unter­schiede rei­chen nicht aus, um fest­zu­ma­chen, ob etwas kon­stru­iert oder echt ist.

Warum das wich­tig ist?

Als Mental Coach und in Hypnose arbei­ten wir zusam­men oft an ver­meint­lich «alten Geschich­ten», ver­gan­ge­nem, wie­der­keh­ren­dem. Unbe­wusste Reak­tio­nen und Glau­bens­sätze basie­rend oft auf ver­fälsch­ten Erin­ne­run­gen oder Ereig­nis­sen, die wir uns immer wie­der vor­hal­ten. Wenn man ein­mal weiss, wir form­bar Erin­ne­run­gen sind ver­lie­ren sie ent­we­der an Bedeu­tung oder du lernst, wie du diese umdeu­ten kannst, um eine posi­tive Ver­än­de­rung zu bewirken.

Inter­es­siert, wie? Ich kann dir gerne das eine oder andere Bei­spiel nennen.